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Dieses computeranimierte Video entstand für eine Ausstellung in Triest
2001. Es
ist mit Révész' persönlicher Geschichte und der Triests verbunden, mit der
histo-
rischen Entwicklung und den politischen Veränderungen. Triest gehörte nach
ei-
ner 180-jährigen venezianischen Herrschaft von 1382 bis zum Ende des 1.
Welt-
krieges zu Österreich. Es entwickelte sich zum wichtigen Konkurrenten von
Venedig und schaffte es, die beherrschende Stellung beim Handel mit dem
Nahen Osten zu erringen. 1918 löste sich Ungarn vom ungeliebten Österreich
und rief die Republik aus. Als Folge des 1. Weltkrieges fiel 1919 u. a.
Triest an
Italien. Im Frieden von Trianon 1920 mußte Ungarn mehr als 70% seines Staats-
gebietes an benachbarte Länder abtreten.
James Joyce hatte in Triest seinen Giacomo Joyce geschrieben. Er hatte außer-
dem einen direkten Bezug zu Ungarn in seinem Ulysses hergestellt, indem
er die
Figur des Juden Bloom aus Szombathely stammen ließ, wo Révész' Urgroßeltern
aus Graz, Nachfahren französischer Juden, sich einst niedergelassen hatten.
Man
erzählt in Ungarn, Joyce sei der Sprachlehrer Miklós Horthys gewesen, des
auto-
ritären und nationalistischen ungarischen Reichsverwesers, der schon früh
Kon-
takte zum nationalsozialistischen Deutschland unterhielt. In Ungarn wurden
in
den Jahren 1941 bis 1945 von den insgesamt 725 000 bis 825 000 dort lebenden
Juden 550 000 bis 569 000 getötet, viele von ihnen ab 1944, als die radikalen
Pfeilkreuzler durch die Unterstützung der deutschen Besatzer an die Macht
ka-
men (s. Enzyklopädie des Holocaust, Hrg. der dtsch. Ausg.: E. Jäckel, P.
Longerich, J. H. Schoeps, 2. Aufl. München 1998, Band IV, S. 1741). Nach
dem
Fall der Mauer haben die Nationalisten im heutigen Ungarn wieder an Einfluß
ge-
wonnen.
Révész hat in seinem Video eine alte Postkartensammlung Triester Ansichten
und Fotos einer Bekannten in Sequenzen zusammengefaßt und ihnen einfache
italie-nische Substantive und die Präposition senza zugeordnet. Sie entfalten
auf den Bildern ein Eigenleben und gestalten das Bildschirmgeschehen ganz
we-
sentlich. Der Betrachter mag anfangs nach einem direkten Sinnzusammenhang
von Bild und Text suchen; aber spätestens bei der Präposition "senza",
dem
einzigen Wort, das nicht in die Reihe der Substantive paßt, wird klar, daß
es ihn
nicht gibt. Vielmehr spielt die Art und Weise des Entstehens einer künstlerischen
Arbeit eine Rolle, und zwar die Eingebung, der Zufall, die Willkür, durch
die ganz
verschiedene Aspekte zu einer Einheit zusammengefügt werden und einen
eige-
nen Sinn entwickeln.
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Wie wenig Wert Révész darauf legte, daß die Wörter vom Betrachter gelesen
werden konnten, zeigen ihre Anordnung und ihre schnelle Verwandlung, indem
sie etwa zu Geraden über den Bildschirm wachsen oder Bögen beschreiben,
Kreise, die sich drehen, und dabei mehr und mehr die Bilder durchdringen
und
den schwarzen Bildschirmgrund freilegen. Hier verändert ein Prinzip, das
Prinzip
der Wörter, ein anderes Prinzip, das Prinzip der Bilder, beherrscht es,
löscht es
aber doch nicht aus. Es entwickelt sich häufig aus einem einzigen, bereits
vor-
handenen Wort und breitet sich aus, taucht auch plötzlich wie aus dem
Nichts auf.
Bilder sind Repräsentanten. Das Alte etwa, sein Geist, ist auch immer
in seinen Bildern präsent. Sie sind vielleicht der auffälligste Ausdruck
dieses Geistes.
Sollen sie nicht ständig an das Alte erinnern, müssen die Bilder zerstört
werden.
Nach gesellschaftlichen Umbrüchen ist das häufig der Fall (Bildersturm,
damnatio memoriae). Es bleibt jedoch etwas von ihnen übrig. Indem das
neue Prinzip Teile
des alten aufnimmt und es im eigenen Sinne umdeutet und benutzt, hinterläßt
das alte seine Spuren. Das Verschlungensein der verschiedensten, und häufig
ehemals einander feindlichen Prinzipien ist in den Kulturen präsent; sie
sind aus
diesem Stoff geworden. Man akzeptiert ihn als etwas Tradiertes und hinterfragt
ihn häufig nicht. Die Wurzeln liegen für die meisten Menschen im Dunkeln.
Bedingt durch die politischen Verhältnisse konnte sich in Ungarn das Nachdenken
über Herrschaft lange nur indirekt artikulieren. Es wurde gleichsam in
eine andere
Sprache übersetzt, die auch noch in heutiger Zeit Geltung besitzt. László
László
Révész' Video "Dizionario di Trieste" ist dafür ein Beispiel.
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